Essay "Weibliches Schreiben in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur", S. Fischer Hundertvierzehn, 2020.
de user7242304 surname7242304 @permalink7242304
- 175
- 3
- 0
Was bedeutet es für Frauen, wenn sie lesend von klein auf lernen, die Welt aus der Perspektive eines Mannes zu betrachten, weil nur diese Perspektive als künstlerisch relevant und gesellschaftlich gewichtig erscheint? Was macht es mit jungen Leserinnen und Lesern, wenn die Literatur und literarisches Schaffen ihnen keine weiblichen Vorbilder bieten? Und was bedeutet es, wenn sie lernen, dass die Themen von Mädchen und Frauen zu trivial sind, um einem breiten Publikum erzählt oder an Schulen vermittelt zu werden? Über die bewusstseinsprägende Kraft von Literatur.
"Unbequem, erhellend und notwendig ist Isabelle Lehns Blick auf die Machtstrukturen des nicht nur deutschen Literaturbetriebs und die damit einhergehende Prägung von Autorinnen und Leserinnen, die über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte hinweg gelernt haben - unfreiwillig, aber wirksam lernen mussten -, 'die Welt aus der Perspektive eines Mannes zu betrachten': ohne weibliche Vorbilder und ohne Akzeptanz originär weiblicher Themen. Isabelle Lehns Fazit ist klug hergeleitet, stützt sich neben eigenen Beobachtungen auf eine große Zahl von Quellen und ist hochpolitisch: Mädchen und Frauen verinnerlichen als Leserinnen die männliche Perspektive. Hier geht es neben der Bedeutung des Lesens vor allem um die Konsequenzen des Lesens. Es wird Zeit, dass sich daran etwas ändert. Und das tut es. Langsam, aber sichtbar, weil Schriftstellerinnen, Literaturkritikerinnen, Kulturwissenschaftlerinnen und andere sich ihr Terrain erobern. Isabelle Lehn ist eine von ihnen!" (aus der Laudatio des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises, 2020).
0 comentários
Faça login ou cadastre-se Gratuitamente para comentar